Verhandlungstechnik bei einem unfairen Verhandlungspartner
Ein Gastbeitrag von Klaus Lockemann
Vielleicht kennen Sie die folgende Situation: Meine Frau hat mich gebeten, im Supermarkt zwei Artikel zu kaufen, die sie vorher vergessen hat. Meine jüngste Tochter hat sich, ohne Aufforderung, sofort bereit erklärt, mich zu begleiten. Im Supermarkt hatte ich gerade die zwei Artikel in den Warenkorb gelegt, als mein Kind mit einem Überraschungsei und einem Comicheft angelaufen kam. Diese Sachen muss sie ja unbedingt haben. An der Kasse hat dann mein Kind noch die Eistruhe entdeckt und braucht auch noch ein Eis. Jetzt war es an der Zeit das berühmte NEIN auszusprechen. Mein Sprössling fing an zu schreien und zu weinen. Ich hatte das Gefühl, dass alle Überwachungskameras sofort auf mich gerichtet waren. Anschließend musste ich mir von der übergewichteten Dame vor mir an der Kasse den Satz: „Das arme Kind, bekommt noch nicht einmal ein Eis vom Vater“ ergehen lassen.
Ungewollt war ich in eine Verhandlungssituation mit einem unfairen Verhandlungspartner, sprich meiner weinenden und schreienden Tochter, gelangt.
Auch Sie kommen, gerade im Geschäftsleben, mit teilweise anscheinend unfairen Verhandlungspartner zusammen. Verhandeln bestimmt also unser Leben.
Wie ich die Supermarktsituation geklärt habe, werde ich Ihnen später beschreiben.
Aber erstmals wieder zurück, zum Verhandeln. Sie kennen die Situation, Ihr Verhandlungspartner hat auf einmal einen angeblichen Joker, mit dem Sie nicht gerechnet haben. Er stellt für Sie unannehmbare Forderungen. Viele Menschen brausen in dieser Situation auf und beschimpfen sogar den Verhandlungspartner. Das Geheimrezept heißt hier >>Ruhe bewahren<< und gelassen bleiben. Denken Sie bitte immer daran, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ich habe für einen solchen Fall immer einen Stein mit meinem gravierten Sternzeichen in der Tasche, den ich dann heimlich in die Hand nehme. Diesen Stein hat mir meine Familie einmal zu Weihnachten geschenkt und damit verbindet mich eine sehr schöne Erinnerung, nämlich ein außergewöhnliches Weihnachtsfest mit der Familie. Durch diese Assoziation bekomme ich meine Ruhe wieder zurück und meine Pupillen weiten sich etwas (Glücksgefühl).
Und wenn das Argument Ihres Partners schon vorgebracht worden ist, so sagen Sie nur noch ein Wort, nämlich das Zauberwort: >>Schwierig<<. Danach schauen Sie Ihrem Partner tief in die Augen und sagen Sie bitte kein einziges Wort mehr. Jetzt müssen Sie nach dem Motto leben, wer zuerst was sagt, hat verloren. Ich weiß, diese Situation kann, gerade wenn sie nicht geübt ist, sehr, sehr, sehr schwierig sein. Aber sie lohnt sich. Sie werden erstaunt sein, wie Ihr Verhandlungspartner dann auf einmal reagiert. Er muss jetzt seine Argumentation verteidigen. Wenn er dies gemacht hat, sagen Sie bitte nur einfaches „aha“ oder „interessant“. Schon haben Sie die Führung übernommen und Ihren Verhandlungspartner aus der Ruhe gebracht. Anschließend übernehmen Sie die Führung der Verhandlung und können Ihre Argumente anbringen und Ihre Ziele durchsetzen. Bei der vorangegangenen Zielplanung haben Sie natürlich Ihre Minimal- und Maximalziele einwandfrei definiert.
Übrigens, diese Vorgehensweise hat sich auch bei Verhandlungen im privaten Bereich, z.B. Urlaubsplanung, Freizeitgestaltung mit dem Partner, etc. bewährt. Probieren Sie die Zauberwörter „schwierig“ und anschließend „interessant“ auch ruhig privat einmal aus. Sie werden angenehm überrascht sein, wie einfach Sie dann auch Ihre privaten Verhandlungen gewinnen.
Nach der Beendigung der Verhandlung bedanken Sie sich bitte bei Ihrem Verhandlungspartner und fassen die Ergebnisse nochmals zusammen. Sie, als der Verhandlungsführer, übermittelt das Verhandlungsergebnis anschließend noch in schriftlicher Form allen Beteiligten.
Kommen wir zurück auf die Supermarktsituation: Für viele Väter stellt sich die Frage, wie komme ich als angeblicher Rabenvater, wieder aus dieser Situation heraus? Als erstes: Ruhe bewahren! Ich weiß ja, dass dies im Grunde eine alltäglich Situation im Supermarkt ist. Meinem Kind habe ich dagegen eine Forderung gestellt, wo ich genau wusste, dass es diese Forderung nicht erfüllen kann. Eine solche Forderung kann zum Beispiel sein: Du bekommst das Eis nur, wenn Du mir versprichst, dass dein Zimmer immer Tip-Top aufgeräumt ist und dass du jeden Tag (zumindest für eine Woche) abends pünktlich ins Bett gehst, ohne zu murren und knurren. Wow, das hat gesessen. Das Eis wandert wieder in die Eistruhe und die Dame vor mir hat bezahlt und den Supermarkt kopfschüttelnd verlassen. Mir egal, auch diese Verhandlung habe ich siegreich hinter mir gebracht.
Deutschlands erster SubventionsCoach, Klaus Lockemann, coacht und führt Verhandlungen mit Geldgebern (EU, Bund oder Land) sowie mit externen Geldgebern wie Banken, Sparkassen und andere Institutionen. Er ist zurzeit bundesweit einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Finanzierungen, Finanzplanung.
Bild: © Olga Vasilkova | Dreamstime.com
Kategorisiert in: Projekt Selbständigkeit, Top-Story
2 Kommentare
Herr Lockemann,
vielen Dank für diesen humorvoll geschriebenen Text mit interessantem Inhalt. Wir hatte Freude ihn zu lesen und online zu stellen 😉
Schöner Beitrag. Danke!