Spannender Werdegang einer Franchise-Expertin: Waltraud Martius
Frau Mag. Waltraud Martius hat sich in der Franchise-Branche schon lange einen Namen gemacht. Die renommierte Franchise-Beraterin zeigt sich immer wieder engagiert wenn es um Neuerungen im Franchising geht. Ihr nun in der zweiten, ergänzten Auflage erschienenes Buch „Fairplay Franchising“ gibt Tipps für einen fairen Umgang in der Franchise-Partnerschaft.
Erstaunt habe ich vor einiger Zeit bemerkt, dass sich Frau Martius bereits seit ihrer Studienzeit mit dem Thema Franchising befasst. Das darauf fußende Interview mit ihr überrascht mit persönlichen Anekdoten und gewährt einen Einblick in das Leben der Franchise-Expertin.
Verena Iking: Hallo Frau Martius, wie ich Ihrem XING-Profil entnehmen konnte, haben Sie bereits Ihre Diplomarbeit über Franchising geschrieben. Noch dazu die erste zu diesem Thema in Österreich! Wie haben Sie denn das Vertriebssystem Franchising kennengelernt?
Mag. Waltraud Martius: Ich wusste mit 17 schon, dass ich Betriebswirtschaft studieren möchte, denn schon damals hat mich das Thema Wirtschaft fasziniert. Im Rahmen einer Weiterbildung musste ich einen Vortrag halten zum Thema „Haben Kleinbetriebe eine Chance gegenüber Konzernen?“ und da kam mir zum ersten Mal das Thema Franchising unter. Gleichzeitig fiel mir durch „Zufall“ ein Buch über Franchising in die Hände und je mehr ich darin schmökerte, desto mehr faszinierte mich diese Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit von selbständigen Unternehmern. Schon damals, kurz nach dem Abitur, war ich Verfechterin der Gemeinsamkeit gegen die Einsamkeit. Ich hatte schon damals die Vermutung, dass wir in der Gruppe und mit gegenseitiger Unterstützung glücklicher / erfolgreicher sein könnten. Bereits damals habe ich mir während meines Studiums (BWL in Innsbruck) gedacht, dass es sinnvoll wäre, Erfolgsgeschichten zu multiplizieren.
Während meines Studiums, dass ich zum Teil selber verdienen musste, habe ich für Österreichs größten Trachtenmodenproduzenten, die Firma Gössl, gejobbt. Auch Gerhard Gössl war seinerzeit von den Ideen der Gemeinsamkeit begeistert. So beschäftigte ich mich immer mehr mit dem Thema Franchising, mit den dazu am Markt befindlichen englischen Büchern, aber auch bereits mit dem damals ersten Buch zum Thema Franchising von Dr. Skaupy.
Verena Iking: Was hat Sie damals dazu bewegt Ihre Diplomarbeit dem Thema Franchising zu widmen? Die Recherche muss ja recht mühselig gewesen sein, da es die erste Arbeit dieser Art in Österreich war. (Mein Kollege Steffen Kessler beharrt auf der Frage nach Ihrer Abschlussnote! ☺)
Mag. Waltraud Martius: Ja, ich habe die erste Diplomarbeit zu diesem Thema in Österreich geschrieben. Mangels dessen, das es in Österreich keine Franchise-Szene gab, habe ich mich sehr an Deutschland orientiert. Damals wurde gerade der deutsche Franchise-Verband gegründet und Dr. Hubertus Boehm von Syncon war einer der Mitbegründer. Ein Franchise-System hatte mich damals sehr fasziniert, nämlich „Bleyle“ (die älteren Semester erinnern sich vielleicht noch an den Bleyle Matrosenanzug☺). Die Franchise-Zentrale „Contex“ war damals in München. So packte ich meine Frageliste, fuhr nach München und bekam perfekte Unterstützung vom damaligen Geschäftsführer der Firma „Contex“ , Herrn Friedrich Karle (noch heute haben wir Kontakt).
Diese Diplomarbeit wurde dann so umfangreich, dass sie fast nicht angenommen wurde. Dazu gibt es auch noch eine lustige Geschichte in Bezug auf den Professor. Ich hatte ihm damals vorgeschlagen, dass ich gerne zum Thema Franchising meine Diplomarbeit schreiben möchte. Die Antwort des Professors war: „Fräulein (man bemerke das wir damals Fräuleins auf der Universität waren) Frauenhuber (mein damaliger lediger Name), könnten Sie nicht über ein moderneres Thema schreiben, denn über Factoring haben schon so viele geschrieben.“ Na ja, nach meiner Diplomarbeit war klar, dass es nun auch auf der Uni Innsbruck Informationen über Franchising gab.
Noch eine lustige Geschichte gibt es zu meiner Diplomarbeit, nämlich das ich das Wort selbstständig mit doppelten „st“ geschrieben hatte, ich hatte die neue Rechtschreibung wahrscheinlich damals schon vorweg genommen. Allerdings wurde das nicht akzeptiert und so musste ich jedes Wort „selbstständig“ nachkorrigieren. In Zeiten wo Diplomarbeiten nicht mit dem PC, sondern mit der Schreibmaschine geschrieben wurden, war dies eine nachtfüllende Aktion. Auf Grund dieser Layout-Problematik habe ich auch nur die Note „gut“ bekommen. Womit auch gleich die Frage Ihres Kollegen Steffen Kessler nach der Abschluss Note beantwortet ist ☺.
Verena Iking: Sind Sie dann direkt nach dem Studium in die Franchise-Branche eingetaucht, oder erst später wieder darauf zurückgekommen?
Mag. Waltraud Martius: Während des Studiums war schon klar, dass ich bei Gössl einsteigen konnte. Nach einem Jahr Vertriebsleitung habe ich dann die Geschäftsführung einer Tochterunternehmung von Gössl übernommen und in dieser Servicezentrale ein Franchise-ähnliches Kooperationssystem für den Trachtenfachhandel aufgebaut. Uns war klar, dass wir offiziell für die Errichtung dieser Gössl-Geschäfte nicht das Wort Franchising verwenden dürfen. Dafür war die Branche zu konservativ und Franchising zu unbekannt. Aber die Erfolgsfaktoren des Franchisings wurden analysiert und auf das Gössl- Kooperationssystem umgelegt. Mittlerweile ist Franchising ja auch in Österreich hoffähig geworden und so „outet“ sich auch Gerhard Gössl mittlerweile, dass seine Geschäfte im Franchising geführt werden. Nach 7-jähriger Geschäftstätigkeit bei Gössl zog es mich dann in die richtige Selbstständigkeit. Und ich denke der Rest der Geschichte ist bekannt.
Die gute und schon langjährige Zusammenarbeit bei Gössl mit Dr. Hubertus Boehm, veranlasste mich die Syncon Österreich zu gründen. In den letzten 20 Jahren habe ich viele Beratungstools für die Syncon-Gruppe entwickelt und mit meinem österreichischen Beraterteam viele, viele Franchise-Projekte in Österreich und Deutschland erfolgreich begleitet. Über 50 % meiner Zeit bin ich für deutsche Franchise-Systeme tätig.
Verena Iking: Sie sind inzwischen sogar Ehrenpräsidentin des Österreichischen Franchise-Verbands (ÖFV). Worauf gründet heute Ihre Begeisterung und Ihr Engagement für Franchising?
Mag. Waltraud Martius: Ja, ich bin Ehrenpräsidentin des ÖFV auf Lebenszeit. Dieser Titel wurde mir vor 2 Jahren verliehen. Der Verband wird im nächsten Jahr 25 Jahre alt und die Gründung erfolgte seinerzeit während meiner Geschäftstätigkeit für Gössl. Der deutsche Verband erhielt damals vom europäischen Verband den Auftrag, im kleinen Nachbarland Österreich einen Verband zu initiieren. Da ich damals in Deutschland schon ein bisschen bekannt war, wurde ich gemeinsam mit einigen aktiven Franchise-Gebern in Österreich gebeten, den ÖFV ins Leben zu rufen. Zunächst wollte ich diese „Vereinstätigkeit“ nicht übernehmen, aber nach einigem Nachdenken war mir schon klar, dass ich eine der ersten Österreicherinnen war, die für ein österreichisches Unternehmen ein Franchise-System etabliert hat. Und deswegen war ich dann als Gründungsmitglied, neben so erfolgreichen Systemen wie Treppenmeister, Skribo, McDonald’s mit dabei. Über 20 Jahre arbeitete ich ehrenamtlich für den ÖFV und ich denke schon, dass ich damit maßgeblich für den Aufbau des Franchisings in Österreich einen Beitrag leisten konnte. Mittlerweile ist der Verband richtig erwachsen geworden und kann sich eine eigene Geschäftsführung leisten, worüber ich sehr glücklich bin. Nach wie vor arbeite ich ehrenamtlich im Vorstand des ÖFV mit.
Was mich nach wie vor am Franchising begeistert: Eine meiner Lebenseinstellungen ist Optimismus. Und eines meiner wichtigsten Lebensziele ist Glück. Beides lässt sich wunderbar mit Franchising verbinden. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe von selbstständigen Unternehmern, die mit Eigenverantwortung ihr „Schicksal“ selber in die Hand nehmen, begeistert mich nach wie vor. Auch Konzepte zu entwickeln, die dann nicht nur einmal umgesetzt werden, sondern zum Wohle vieler PartnerInnen ihre Umsetzung finden, ist nach wie vor ein Motor meiner Tätigkeit. Wachstum zu generieren, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, Erfolg zu teilen, Wissen zu vermitteln, Know-how zu übertragen, andere Menschen am Erfolg und Glück teilhaben lassen – dies sind die Hintergründe meiner Begeisterung für Franchising. Denn so wie ich es in meinem Buch „Fairplay Franchising“ ausführlich beschrieben habe, muss eine Partnerschaft für langfristigen Erfolg auf Vertrauen, Achtsamkeit und Wertschätzung beruhen. Diese eher „buddhistischen Werte“ begleiten mich fast schon ein Leben lang und je älter ich werde, umso wichtiger werden sie für mich. Vielleicht trägt auch dazu mein Engagement für diverse Sozialprojekte bei, z.B. das Projekt „little Flower“ – eine Leprakolonie in Indien, für die ich mich seit Jahren engagiere. Gerade die Kinder die dort leben brauchen unsere Unterstützung und Hilfe.
Verena Iking: Ihr Ehemann, Herr Wolf-Dieter Martius, ist ja Inhaber der Musikschule Fröhlich in Österreich – einem etablierten Franchise-System. Ist Franchising auch bei Ihnen zu Hause ein Thema?
Mag. Waltraud Martius: Ja, mein Mann ist auch in der Franchise-Szene tätig und Inhaber der Musikschule Fröhlich in Österreich. Vor 10 Jahren hatte er durch mich das Franchise-System „Musikschule Fröhlich“ kennen gelernt. Die Musikschule Fröhlich war damals Franchise-Geber des Jahres und seit Jahren gestalte ich das internationale Franchise-Symposium in Wien und ich hatte Hr. Fröhlich als Referent dazu eingeladen. Mein Mann kommt ursprünglich aus der Musikszene und ist ausgebildeter Musiklehrer. Er war vom inhaltlichen Konzept der Musikschule Fröhlich so begeistert, dass wir entschieden haben die Masterfranchise nach Österreich zu übernehmen. Vieles musste noch entwickelt werden, vieles auf den österreichischen Markt adaptiert werden. Mittlerweile ist es ein kleines, feines Franchise-System, das mein Mann mit viel Liebe, Engagement und finanziellem Einsatz in Österreich aufgebaut hat und führt.
Ja, da haben Sie recht. Wir müssen sehr aufpassen, dass uns Franchising nicht 24 Stunden am Tag beschäftigt. Das Thema ist dann ganz schnell im Wohnzimmer und im Ehebett dabei. Aber ich habe einen wunderbaren Mann, der mein Engagement und meine Begeisterung für Franchising teilt und damit mein berufliches Engagement gut verstehen kann. Da aber die Werte die ich im Franchising gefunden habe, auch meine persönlichen Werte sind, ist eine so strikte Trennung gar nicht mal so nötig. Wichtig für uns ist es immer wieder „Oasen“ des Rückzugs zu schaffen, die es uns ermöglichen, uns auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens zu konzentrieren. Eine solche Rückzugsmöglichkeit finde ich jedes Mal wenn ich nach Hause komme an den Wallersee. Wir leben an einem wunderbaren Ort, der es mir ermöglicht schon nach wenigen Stunden viel Kraft zu schöpfen. Ein gemeinsamer Spaziergang am See, ein nächtlicher Blick auf den mondbeschienenen Wallersee, der Besuch eines guten Fischrestaurants am See, oder einfach nur das Bewusstsein, dass wir sehr privilegiert sind in dieser Welt zu leben. Eine weitere Oase des Rückzugs ist das gemeinsame Segeln. Immer wieder nehmen wir uns dafür Zeit. Und viel Kraft und Energie schöpfe ich auch aus meinen Reisen, insbesondere nach Asien. Denn wie hat Oscar Wilde schon gesagt: „Reisen veredelt den Geist und räumt mit Vorurteilen auf“ und in diesem Sinne bin ich auch gerne für die Franchise-Szene unterwegs.
Verena Iking: Frau Martius, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses interessante Interview!
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