Dein Kunde – das unverstandene Wesen
Woran scheitern Unternehmen? Der wohl häufigste Grund ist mangelnde Kundenorientierung. Selbst wer ein Franchise-Unternehmen plant, kann nicht oft genug daran erinnert werden: Nur der Kundenwunsch zählt.
Es wird ja viel wird darüber diskutiert, ob Franchising die ideale Art sei, eine Unternehmens- und Vertriebsform aufzubauen. In einem Punkt aber ist die Franchise-Wirtschaft vorbildlich dank ihrer geforderten gründlichen Marktanalysen und Businesspläne während des Systemaufbaus. Die Gründer setzen sich zwangsläufig sehr stark mit ihren Kunden auseinander und müssen belegen, dass ihre Geschäftsidee nachweislich tragbar und das Marktpotenzial ausreichend groß ist. In anderen Industriebereichen und Vertriebsformen scheint allzu oft das genaue Gegenteil der Fall zu sein. So erleiden beispielsweise mindestens zwei Drittel aller Produktneueinführungen Schiffbruch – manchen Schätzungen zufolge sogar 90%. Einen Eindruck davon vermittelt das Museum der gescheiteren Produkte bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg. Das Joghurt-Shampoo, die Glückskekse für Hunde oder das koffeinhaltige Bier sind nur drei Beispiele aus dem Nürnberger Gruselkabinett an Pleiten, Pech und Pannen.
Wenn der Markt fehlt …
Selbst gute und prinzipiell erfolgversprechende Ideen scheitern grandios, wenn unrealistische Ziele angesetzt werden. So geschehen bei einer der größten und spektakulärsten Pleiten der Dotcom-Blase kurz nach dem Jahrtausendwechsel. Das Unternehmen hatte das Prinzip des „CoShopping“ im Internet etablieren wollen: Je mehr Kaufinteressenten sich bei einem Produkt eintrugen, desto niedriger wurde der Preis. Als kleines Startup generierte das Unternehmen zunächst sehr schnell hohe Verkaufszahlen. Dann aber sprangen die Banken auf den Zug auf. Im damaligen Investitionsklima, als jede neue .com-Idee Höhenflüge à la Yahoo oder Amazon versprach, musste das Unternehmen natürlich zum Weltmarktführer des Ecommerce ausgebaut werden! Mehrere Hundert Millionen Euro an Krediten waren sofort bewilligt worden, die notwendige und etwa nochmal ebenso hohe Restsumme sollte der Börsengang einbringen. Leider fiel dieser bereits in die Phase, als der Neue Markt zusammenbrach. Die prognostizierten, gewaltigen Käuferzahlen wurden auch in den folgenden eins, zwei Jahren verfehlt, dann war Schluss und alles Geld vernichtet. In seinem von den Banken avisierten Riesenmarkt hätte das Unternehmen wohl nur dann eine Chance gehabt, wenn es sein Geschäftsmodell massentauglich diversifiziert hätte: Die anfänglich als Buch-Shop gestartete Multi-Sales-Plattform Amazon steht als Beispiel für erfolgreiche Weiterentwicklung da. Oder das Unternehmen hätte mit CoShopping in seiner Nische bleiben und behutsam aufgebaut werden müssen.
Ein Spezialist ist kein Warenhaus
Vor rund fünf Jahren waren auf einmal Shopping-Clubs mit täglichen Verkaufsaktionen der Renner. Einer nach dem anderen umwarb die fast durchweg weibliche Klientel mit Mode-Markenartikeln zu Minipreisen. Plötzlich tauchte im Netz ein Shopping-Club nur für Consumer-Elektronik auf. Ein etwas nerdig-netter Typ um die 30 präsentierte seine Laptops, Digitalkameras oder externen Festplatten in sympathisch halb professionell wirkenden Videos und traf damit voll ins Schwarze: Als Club für technikaffine Männer wurde er schnell populär – und zum Objekt der Begierde eines Konzerns. Dieser setzte den Club schließlich zum Vertriebskanal für alles ein: von Reisen über Versicherungen bis hin zu Mode und Schmuck. Die Folge: Der Club verlor sein Profil und die Glaubwürdigkeit in seiner Zielgruppe. Wäre er in seiner Marktlücke geblieben, würde er dort sicherlich noch heute erfolgreich verkaufen. Hier zeigte sich auch wieder einmal, dass Investoren den Markt ebenso häufig wie Unternehmen falsch einschätzen. Ein IT-Spezialist ist kein Warenhaus. Und ihren Schmuck kaufen die Kunden bei ihm so wenig wie sie dem Tischlermeister ihre Elektroinstallation anvertrauen.
Kleinen Alleskönnern traut man nicht
Jeden Kundenwunsch erfüllen zu können ist eine Illusion. Sogar Konzerne und Mega-Fusionsfirmen schaden sich manchmal mit zu großer Entfernung von ihren Wurzeln – siehe Daimler-Chrysler. Für kleinere Ich-kann-alles-Unternehmer kennt der angelsächsische Kulturkreis das Charakteristikum „jack of all trades and master of none“. Ein Anbieter von Daten-Cloud-Services hatte beispielsweise versucht, für jeden Wunsch seiner Kunden eine Lösung zu entwickeln. Am Ende war das Geschäftsmodell dermaßen verwässert, dass der Gründer es nicht in einem oder zwei Sätzen kurz und prägnant auf den Punkt bringen konnte. Seine Suche nach Investoren scheiterte schließlich an der ausschweifenden Antwort auf die einfache Frage: Was macht Ihr Produkt denn eigentlich?
Franchiser zeigen, wie’s geht
Liegt das Heil eines klassischen, kleinen oder mittelständischen Unternehmens also in der Beschränkung auf ein einziges Kernprodukt mit klarem USP? Nein, gerade manche Franchise-Unternehmen wie Mail Boxes Etc. beweisen ja, das auch ein komplexes Portfolio an Leistungen glaubwürdig an die Zielgruppe vermittelt werden kann. Intelligente Marketingmaßnahmen sind oft der Schlüssel zum Erfolg. Den Slogan „Alles rund um Verpackung, Versand, Grafik, Druck und Post“ hat Mail Boxes Etc. mit jenem berühmten Werbespot zum Leben erweckt, in welchem ein Büro komplett in weißen Styropor-Kugeln „versinkt“ und schließlich in einem Karton eingeschlossen wird. Die Büromitarbeiter gehen dabei scheinbar ungestört ihren Tätigkeiten nach. Die Botschaft an die Kunden: Kümmern Sie sich um Ihr Kerngeschäft, alles andere erledigen wir.
Die WOW-Lösung zählt
Klein und sexy zu sein lautet hingegen das Erfolgsgeheimnis des US-amerikanischen Last-Minute-Buchungsservices Hotel Tonight. Es ist nur von Smartphones aus nutzbar, was die Zielgruppe der PC- und Notebook-Nutzer ausschließt. Dafür begeistert es die Smartphone-Nutzer mit seiner besonders intuitiven und erlebnisorientierten User Experience, sprich Benutzeroberfläche. Für die weitaus meisten kleinen und mittelständischen Unternehmer liegt das Heil eben nicht in der Masse, sondern in der Nische. Oder, wie es bei Franchise-Systemen meist der Fall ist, in einem Markt auf lokaler Ebene und mit einem hochspezialisierten Angebot. „Ihr Produkt muss nicht einmal von Anfang an perfekt sein. Wichtig ist, dass es eine WOW-Lösung darstellt und mehr bietet, als der Kunde grundsätzlich erwartet. Und mehr als alle Alternativen, die er ansonsten nutzen könnte“, bringt es die Lüneburger Unternehmensberaterin und Franchise-Nehmerin Ute Hagen auf den Punkt. Jeder Franchise-Partner von Town & Country Haus beispielsweise ermöglicht es Menschen, selbst mit geringeren finanziellen Mitteln ein Haus zu bauen. Die Waterbabies sind die ersten, die Schwimmkurse für Neugeborene anbieten und setzen sich mit ihrem Alleinstellungsmerkmal durch. Und wir dürfen gespannt sein, ob das Konzept von Die Backofenputzer mit ihrem einzigartigen Service in Deutschland ähnliche Erfolge feiern wird wie in seinem Ursprungsland England.
Kategorisiert in: Projekt Selbständigkeit, Top-Story
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