Bald Hartz IV-Beschränkungen für Selbstständige?
Leider müssen sich in Deutschland nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 125.000 Selbstständige zusätzlich mit Hartz IV über Wasser halten. Das Vorstandsmitglied Heinrich Alt hat nun ein über 60 Seiten starkes Papier der Bundesagentur für Arbeit präsentiert, dass deutliche Einschränkungen für sogenannte Hartz VI-Aufstocker verlangt.
Einschränkungen des Aufstockens für Selbstständige
Ganz soll die Möglichkeit des Aufstockens für Selbstständige nicht gestrichen werden. Allerdings soll dies maximal zwei Jahre möglich sein, so Alt:
„Hartz IV ist nun mal nicht dafür erfunden worden, unrentable Geschäftsmodelle dauerhaft durch die Allgemeinheit zu stützen. (…) Wenn sich dann herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, sollte man wieder einen regulären Job wahrnehmen“
Zudem sollen, wenn es nach der Bundesagentur für Arbeit geht, nur noch 30 Prozent der jährlichen Betriebskosten vom Gewinn abgezogen werden können. Ein „arm rechnen“ für einen Hartz VI-Anspruch soll so verhindert werden.
Arbeitsbelastung der Jobcenter-Mitarbeiter
Die harsch wirkende Kritik der Bundesagentur und ihres Vertreters Alt wird verständlicher, wenn man beachtet, dass derzeit angeblich 50 Prozent der Arbeitskraft in den Jobcentern mit der Berechnung von Hartz IV-Beträgen verbraucht wird. Im Grunde fordern die Mitarbeiter klarere Regelungen und Entbürokratisierung. Denn wie solle schließlich ein Jobcenter-Mitarbeiter jede einzelne Selbstständigkeit kompetent und fair beurteilen können.
Was auf den ersten Blick plausibel erscheint, kann aber auch zur Milchmädchenrechnung werden: Alt spricht davon, „wieder einen regulären Job“ wahrzunehmen. Dass dies nicht (oder sogar meistens nicht) so einfach sein dürfte, liegt auf der Hand. Der zuvor Selbstständige, der eventuell sogar Mitarbeiter beschäftigt, die dann ihren Job verlieren, soll also seine Selbstständigkeit nach spätestens zwei wirtschaftlich wackeligen Jahren aufgeben, um dann… Hartz IV zu beziehen?
Es gibt ohne Frage Optimierungsbedarf in Sachen Hartz IV-Aufstocker. Eine Selbstständigkeit sollte sicher nicht auf Staatskosten künstlich am Leben erhalten werden. Und auch die Arbeitsbelastung zur reinen Berechnung der Beträge durch die Job-Center Mitarbeiter, die eigentlich Arbeit vermitteln sollen und wollen, ist als zu hoch einzustufen.
Im Kontext eines kaum mehr zu erhaltenden Existenzgründungszuschusses und einer bald ablaufenden KfW-Förderung für Existenzgründer, sendet die Forderungen der Bundesagentur für Arbeit aber auch ein weiteres negatives Signal für angehende oder potentielle Gründer: Existenzgründungen in Deutschland sind angeblich nötig und willkommen – unterstützen will sie aber auf staatlicher Ebene offensichtlich keiner. Es ist mehr als vorstellbar, dass die Bundesregierung die Vorschläge der Bundesagentur für Arbeit in irgendeiner Form berücksichtigen wird. Hoffentlich wirkt dies für potentielle Gründer nicht abschreckend.
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