Warum deutsche Wirte Franchise nicht kapieren und wie Paulaner international expandieren möchte
Schon gewusst? Die bekannte Münchner Biermarke “Paulaner” ist auch im Franchising unterwegs. Mir war dies nicht bekannt – bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein gut vernetzter Franchise-Insider dorthin wechselte. Über XING las ich, dass Lars Eckart vor gut einem Jahr von Pandora zu Paulaner wechselte, um dort die Franchise- und Consulting-Tochter der Brauerei zu führen.
Umso interessierter war ich, als Lars mich einlud, die Systemzentrale von Paulaner in München kennenzulernen. In wunderbar neu modernisierten, ehrwürdigen Hallen von Paulaner empfingen er und sein Team uns in Tracht und Dirndl. Schließlich sollte es abends noch auf das Oktoberfest gehen!
Paulaner Brauhaus – vom echten „Geheim-Franchise“…
Den bisherigen Weg von Paulaner bezeichnete Lars Eckart in seiner Vorstellung der Systemzentrale als “ungeplantes Geheim-Franchise”: Man war rein reaktiv unterwegs. Jemand kam auf Paulaner zu und wollte ein Hofbräuhaus eröffnen. Man ging in die Gespräche und wenn dann alles gut lief, einigte man sich. Auf diese Weise kam Paulaner zu 55 Standorten weltweit, darunter rund 30 allein in China. Nicht selten kam man in der Vergangenheit unter dem Dach von bekannten Hotel-Marken, wie zum Beispiel Kempinski, unter. Einen eigenen Flagship-Standort hat Paulaner in Singapur. Typisches Merkmal: eine Runde Bar, die Form des bekannten Paulaner-Talers.
…zum ausgereiften Franchise-System
Vor rund 1,5 Jahren entschied man sich, die Franchise-Expansion gezielt und aktiv zu gestalten. In diesem Zuge sollten dann auch die Vorgaben und die Unterstützung für die Franchisepartner in standardisierte Bahnen gelenkt werden. Seitdem ist im Hause Paulaner konzeptionell extrem viel passiert und die Ergebnisse wurden einigen Bekannten aus der Franchise-Szene nun am 28. September 2017 vorgestellt. Von Leitbild, Vision und Mission ging es über Restaurant-Gestaltung, Handbuch-Konzeption, Merchandise und weitere Themen bis zur IT. Man konnte klar erkennen, dass das Team rund um Lars Eckart fleißig war! 🙂
Kurz zusammengefasst, Paulaner versteht sich als “ein Münchner Wirtshaus mit Biergarten als Brauereiausschänke”. Das Produktportfolio für Franchisenehmer umfasst je nach Größe das Paulaner Bräuhaus, das Paulaner Wirtshaus und das Paulaner Bierhaus. Größtes Aushängeschild, aber mit rund 3 Millionen Euro auch größter Invest, ist das Bräuhaus. Hier brauen in Deutschland ausgebildete Braumeister weltweit ihr eigenes Bier nach Paulaner-Rezept, aber durchaus mit eigener lokaler Note. Rund 350 sitzende Gäste finden auf einer Gesamtfläche von rund 1200 Quadratmetern Platz.
Das Paulaner Bräuhaus wird es demnach nur in größeren Städten geben, und dort auch nur jeweils ein Mal. Dazu kann es in diesen Städten durchaus aber mehrere kleinere Wirts- und Bierhäuser geben. Diese werden allerdings im Unterschied zum Bräuhaus ausschließlich mit dem von Paulaner gebrauten Bier aus München beliefert. Das vor Ort selbst gebraute Bier ist dem lokalen Bräuhaus und allenfalls den zu genau diesem Franchisenehmer gehörenden Wirts- oder Bierhäusern vorbehalten.
Danke, lieber Lars und Team, es war eine hochinteressante Präsentation und ihr habt bereits richtig viel geleistet, wenngleich auch noch viel vor euch liegt (Stichwort Video-Handbuch oder Trennungsprozess). Doch es ist nachvollziehbar, dass ihr euch auf die wichtigsten Baustellen fokussieren müsst und nun erstmal in die aktive Expansion kommen wollt! Dazu wünscht Euch das Team vom FranchisePORTAL ganz, ganz viel Erfolg!
Paulaner Brauhaus Franchise nur im Ausland?!
Stellt sich nur noch die Frage, ob man auch in Deutschland Paulaner Franchisenehmer werden kann, oder nur in Amerika, Asien, Russland und dem restlichen Europa? Im Grunde ja. Allerdings erfuhr ich, dass sich deutsche Wirte traditionell in Deutschland schwer mit der Franchise-Idee tun. Sie seien das klassische Pachtmodell gewohnt. Das heißt eine Brauerei stattet einen Standort aus und übergibt diesen schlüsselfertig an den Wirt. Dieser kann dort schalten und walten, wie er mag. Auf die Qualität des Essens, der Speisekarte oder andere markenrelevante Themen hat die Brauerei keinerlei Einfluss.
Aus dieser Tradition heraus könne man nun feststellen, dass deutsche Wirte die Vorteile von Franchising nicht verstünden. Statt etwas zu bekommen, sollen sie nun investieren und müssen sich danach an Regeln für einen einheitlichen Qualitätsstandard halten. Welche Leistungen und Vorteile dieses Modell auch haben kann – die Vergabe der Lizenzen konnte bislang nur an Wirte und Investoren aus dem Ausland erfolgen.
Nach einem leckeren Mittagessen ging es dann zum gemeinsamen Biertasting. Wir durften die Unterschiede des Zwickl (Helles), Weizen und Oktoberfestbiers schmecken. Anschließend gab es ein kurzes Erholungspäuschen bevor es dann zu einem feuchtfröhlichen Abend auf dem Oktoberfest ging.
Liebes Paulaner-Team, vielen Dank für die nette Einladung, es hat sehr viel Spaß gemacht! 🙂
Kategorisiert in: Die bunte Welt des Franchising, Top-Story
Kommentare sind geschlossen.