20 Jahre Mauerfall: „Kurz danach war mir klar, dass ich jetzt meine Chance bekomme.“
„Ich wollte schon immer selbständig werden. Aber daran war in der DDR erst einmal nicht zu denken“, beschreibt Annerose Simon im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung ihr persönliches Dilemma. Ausgerechnet an ihrem 50. Geburtstag fiel die Mauer. Heute wird sie 70, das von ihr kurz nach dem Mauerfall gegründete Unternehmen Simon-Werbung beschäftigt 20 Mitarbeiter. Eine kurze Bilanz zum Thema „Existenzgründung in Ostdeutschland“ – und welche Rolle das Franchising dabei spielen kann.
Auch viele andere Gründungswillige nutzten die plötzlich erlangte Freiheit zur Existenzgründung. Wie für Annerose Simon wurde für sie das von der Bundesrepublik gezahlte Begrüßungsgeld zum Startkapital für die Selbständigkeit. Von da an ging alles oft ganz schnell: „Am 1. Mai 1990 hatte ich meine Gewerbegenehmigung für eine Gebrauchsgrafiker-Werkstatt in der Tasche und konnte loslegen“, beschreibt die Unternehmerin im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung.
„Es gab eine unheimliche Euphorie und Aufbruchsstimmung”, erinnert sich der damalige Berater von Werner Genter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Portal der WAZ-Gruppe. Die KfW trug wesentlich dazu bei, dass die ostdeutsche Wirtschaft in den Folgejahren ein immenses Wachstum verzeichnete – und damit auch die Existenzgründungen, wenngleich nicht jede Idee von Erfolg gekrönt war: „Mitunter bekamen wir handschriftliche Anträge, in denen standen zwei, drei Sätze in der Art: Ich möchte einen Autohandel gründen und brauche dafür eine Million Mark.”
Auch das Franchising spielte in den Jahren nach Mauerfall und Deutscher Einheit eine wichtige Rolle beim Aufbau Ost: Dem FranchisePORTAL vorliegenden Zahlen zufolge sitzen heute etwa 12 % der verzeichneten Franchise- und Lizenzgeber in Deutschland in den „neuen“ Ländern, so z.B. der Immobilienriese Town&Country-Haus (rund 300 Franchisepartner) aus Hörselberg bei Eisenach oder das neuform-Reformhaus (1350 Franchisepartner) aus Zarrentin bei Schwerin.
Auch den Partnern bietet das Franchising 20 Jahre nach der Grenzöffnung gute Möglichkeiten: „Im Osten eröffnen sich gute Chancen für Franchise-Nehmer. Nicht nur Berlin und das Umland bieten Gründern gute Möglichkeiten, sondern auch die anderen größeren ostdeutschen Städte wie Cottbus, Halle, Dresden und Leipzig“, erklärt der Franchise-Berater Andreas Boenisch von FRANNET und nennt als lukratives Beispiel den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International.
Insgesamt dürfte die Gründungsbereitschaft im Osten Deutschlands auch in Zukunft weiter steigen, nicht zuletzt wegen der steigenden Arbeitslosigkeit, die sich aus der Wirtschaftskrise ergibt. Franchising wird hier in eine immer wichtigere Rolle spielen, weil dadurch eine eigene Geschäftsidee überflüssig und das unternehmerische Risiko minimiert wird.
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